Ein Apfel für Aphrodite

Einst hatte der Jüngling Paris in der griechischen Mythologie eine schwere Aufgabe: Er sollte entscheiden, welche der drei Göttinnen Aphrodite, Athene oder Hera die Schönste sei. Ihr sollte er den Schönheitspreis, einen Apfel, überreichen. Bei diesem Apfel, dessen Übergab natürlich für großen Zwist sorgen musste, soll ein Granatapfel gewesen sein. Seinen Namen hat der Granatapfel (Punica granatum) von den vielen Samen, die er in seinem Innern birgt, denn das lateinische Wort granum bedeutet soviel wie Korn. Den Namen Punica erhielt die Frucht von den Römern, weil sie sie über die Phönizier (=Punier) kennen lernten. Schon seit mehreren tausend Jahren ist der Granatapfel in den Gärten der Menschen zu Hause, die ältesten Spuren hat man im Vorderen Orient gefunden. Er wurde schon immer als Frucht oder in Sirupform genossen, in der Volksmedizin verwendete man Wurzel, Rinde und gekochte Schale bis ins Mittelalter als Wurmmittel. Aus der Schale des Granatapfels wurde in früheren Zeiten eine sehr haltbare und lichtechte Tinte hergestellt. Der gelbe Farbstoff wird mit zugesetzter Eisenbeize tiefblau und fand bei der Herstellung von Orientteppichen Verwendung. Doch hatte der Granatapfel stets auch eine tiefe religiös-kultische Bedeutung. In der Antike galt der rote Granatapfel mit seinen vielen Samen als Frucht des Paradieses, als Zeichen der Fruchtbarkeit und Unsterblichkeit. In der griechischen Mythologie pflanzte die erwähnte Liebesgöttin Aphrodite den Granatapfel auf der Insel Zypern als Baum des Lebens. Als Symbol der Ehe trug die römische Göttin Juno eine Granatapfelfrucht in der Hand und es war üblich, dass Bräute sich mit einem Kranz aus blühenden Granatapfelzweigen schmückten. Die jüdischen Hohepriester kleideten sich früher in ein Gewand mit einem Saum aus stilisierten Granatäpfeln, die zeichenhaft für die Fülle der Gesetze Gottes stehen sollten.

Im christlichen Mittelalter war der Granatapfel ein Symbol für Reinheit und Jungfräulichkeit. Vielleicht aufgrund der Blütenkelchreste, die den Granatapfel wie eine kleine Krone zieren, wurde die Frucht auch zum Vorbild für den Reichsapfel des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Über die Araber gelangte der Granatapfelbaum um 800 bis 900 nach Christus nach Spanien. Dort gab er nicht zuletzt der Provinz und Stadt Granada ihren Namen und ist bis heute Teil sowohl des granadischen Provinz- als auch des spanischen Staatswappens. In unseren Gefilden ist es dem Granatapfelbaum im Winter eindeutig zu kalt. Bei uns kann er zwar in Kübeln kultiviert werden, beim leisesten Anzeichen von Frost muss er in aber schleunigst in ein frostfreies Winterquartier. Besonders für Kübelhaltung eignet sich die Zwergform Punica granatum ‚Nana‘. Als eine der ältesten europäischen Gewächshauspflanzen gilt ein Granatapfelbaum, der anno 1653 über Venedig in die Herrenhäuser Gärten in Hannover gelangte und dort noch heute zu bewundern ist. Und um noch das Rätsel des Anfangs aufzulösen: Der junge Paris sprach der Göttin der Liebe Aphrodite den Siegespreis zu und löste dadurch mittelbar den Trojanischen Krieg aus. Doch das ist eine andere Geschichte…!

Bilder:

Detail aus: Madonna mit dem Granatapfel von Sandro Botticelli, 1487 (Quelle: Wikimedia)

Botanische Zeichnung eines Granatapfels von Pierre-Joseph Redouté (Quelle: Wikimedia)