Die Parade der Köpfe im Schlossgarten Kromsdorf

Um 1580 ließ Georg Albrecht von Kromsdorf in der Nähe von Weimar für sich ein malerisches Schloss und einen Renaissancegarten anlegen. Von dem einen Hektar großen Renaissancegarten ist leider viel zu wenig übriggeblieben. Was den kleinen Umweg nach Schloss Kromsdorf jedoch lohnend macht, ist die Mauer, mit welcher ein späterer Schlossherr den Park ab 1664 einfassen und in einen Barockpark umgestalten ließ. In den Nischen dieser Mauer befinden sich 64 Sandsteinbüsten historischer und exotischer Persönlichkeiten, die diesen Ort in der Kunstgeschichte einzigartig machen: Die Büsten zeigen Könige und Fürsten, Dichter und Denker der Weltgeschichte wie Karl V. oder Ludwig XIV.. Die eine Hälfte der Büsten zeigt Europäer, die andere Hälfte Menschen anderer Kontinente – sie stammen aus einer Zeit, als Weltreisen nur etwas für einige wenige Abenteurer und Händler waren und kaum jemand in Mitteleuropa je einen Menschen eines anderen Kontinents gesehen hatte. So geben auch Tatarenfürsten, chinesische Prinzessinnen, Indianerhäuptlinge und ein japanischer Tenno in Kromsdorf ihr Gastspiel. Auch König Montezuma von Mexiko, Iwan der Schreckliche und unbekannte schöne Damen aus Korea, der Türkei und Griechenland haben in der Mauer ihren Platz gefunden. Nach der Schlacht von Jena und Auerstedt wurde das Schloss 1806 von den Franzosen zerstört und ausgeraubt. Die Zerstörer schlugen darüber hinaus fast allen Figuren in ihren Nischen die Nasen ab. Um 1830 richteten sich dann Großherzog Carl Friedrich von Sachsen-Weimar und seine Gemahlin Maria Pawlowna hier einen herrschaftlichen Land­sitz ein. Eduard Petzold, ein Schüler Lennés, gestaltete den Garten im landschaftlichen Stil um. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss von amerikanischen Truppen besetzt und von Flüchtlingsfamilien bewohnt.

Der letzte Herr mit Namen Kromsdorf fand übrigens schon viel früher – im Dreißigjährigen Krieg – sein Ende. Über ihn hat sich eine gruselerregende Sage erhalten: In der Nähe des Ortes trieb damals eine Nixe aus dem Flüsschen Ilm ihr Unwesen, wie in einer Legende zu lesen ist. „Ein armer Knappe des Herren von Kromsdorf, der traurig an der Ilm entlangspazierte und über sein Schicksal nachdachte, wur­de unvermutet von der Nixe angesprochen und bekam einen Beutel Gold, um seine Not zu lindern. Allerdings musste er versprechen, sich über das Geschenk in Schweigen zu hüllen. Da dem Herren von Kromsdorf die verbesserte Lage seines Knappen nicht verborgen blieb, befragte er ihn über die Gründe. Getreu dem Versprechen schwieg dieser beharrlich und musste dafür mit Verlies und Folter büßen.[…] Zu Tode gefoltert, gab der Knappe dann sterbend sein Geheimnis preis. Daraufhin erbebte das ganze Schloss, die Nixe erschien und verfluchte den Herren von Kromsdorf und mit ihm sein Geschlecht. Nach 40 Tagen ereilte den Herrn der Tod und sein Geschlecht ist nach dem dritten Gliede ausgestorben.“

Die Gartenpracht vergangener Jahrhunderte ist in Kromsdorf zwar dahin, doch Iwan der Schreckliche und König Montezuma haben ihre Nasen zurück und schauen versonnen in den Schlosspark, der so vieles erlebt hat! Am schönsten erreicht man Kromsdorf im Übrigen mit dem Rad, denn das kleine Dörfchen ist unmittelbar am Ilmtal-Radweg gelegen.

(Aus meinem Vortrag: Gartenreise durch Thüringen)