Von Fabergés, Fauxbergés und Juwelenblüten

Sicher haben Sie schon von den so genannten Fabergé-Eiern gehört, Meisterwerken der Juwelierkunst, die in der Zeit von 1885 bis 1917 in der Werkstatt des rus­si­schen Juweliers Peter Carl Fabergé in Sankt Petersburg hergestellt wurden. Da gab es zum einen die „Prunkeier“, die der Zar jedes Jahr anlässlich des Osterfestes für seine Gemahlin in Auftrag gab. Andererseits entstanden aber auch viele weitere Fabergé-Schmuckeier, die vom Hochadel, reichen Goldminenbesitzern oder Ölmagnaten be­stellt wurden, um sich dem Zaren zumindest in finan­zieller Hinsicht als ebenbürtig zu präsentieren.

Seit dem 17. Jahrhundert war es im russisch-orthodoxen Russland Brauch, sich anlässlich des Oster­festes drei Küsse sowie geschmückte Eier zu schenken. Je nach den finanziellen Möglichkeiten der einzelnen Familien konnten dies einfache Hühnereier, Eier aus Holz, aber auch kostbarere aus Glas, Porzellan oder Metall sein.

Zu Ostern des Jahres 1885 verehrte Zar Alexander III. seiner Ehefrau erstmals ein kostbares Ei aus der Werkstatt seines Hofjuweliers und begründete damit die Tradition der Fabergé-Eier. Das erste von Fabergé hergestell­te Ei ahmte ein echtes Vogelei nach, wobei der „Dotter“ aus Gold gefertigt war und eine kleine Henne in sich barg, die in einem Nest aus goldenem Stroh saß.

Bei zahlreichen der Eier aus der Werkstatt Fabergés spielten je­doch Blumen und verschiedenste Pflanzen eine zentrale gestalterische Rolle. Beim „Lorbeerbaum-Ei“ (1911) wurde der Eierkorpus als Laubkrone eines Lorbeerbaums gestaltet. Dreht man an einer bestimmten Stelle, kann man die Spitze der „Baumkrone“ öffnen und ein kleiner mechanischer Vogel lässt zwitschernd sein Lied ertönen. Das „Rosenknospen-Ei“ (1895) verbarg die Namen gebende Knospe im Ei als aufklappbare gelbe Blüte. Beim „Madonnenlilien-Ei“ (1899) ist das eigentliche Ei eine auf einem Sockel stehende Uhr, die von einem filigranen, aus Onyx gefertigten Lilienstrauß gekrönt ist. Die Blütenstempel des Straußes sind mit kleinen Diamanten versehen, Blattwerk und Stängel bestehen aus Gold.

Ganz dem Jugendstil verpflichtet zeigt sich das „Maiglöck­chen-Ei“ (1898) – seine zarten Blüten waren die Lieblings­blumen der jungen Zarin und schmückten zusam­men mit Perlen und Diamanten die Außenhaut der Preziose. Die zierlichen Blüten waren so beliebt, dass in Fabergés Werk­statt sogar ein ganzer Blütenkorb mit Maiglöckchen für Großherzogin Maria Pavlovna angefertigt wurde. Solche aus edlen Metallen und Juwelen hergestellte Blumenbuketts dienten dazu, an den langen dunklen russischen Wintertagen wenigstens für ein bisschen Glanz zu sorgen.

Was so beliebt war wie die Eier aus dem Hause Fabergé, war natürlich vor Nachahmung nicht sicher. Ein sowjetischer Funktionär verkaufte nach dem Ende der Fabergé-Ära die Originalwerkzeuge aus dessen Werkstatt an zwei Brüder, die in Frankreich daraufhin täuschend echte Eier im Fabergé-Stil herstellten. Weil sie mit den originalen Punzen der Fabergé-Meister versehen waren, war es nahezu unmöglich, sie vom Original zu unterscheiden. Als Fälschungen entlarvte Eier aus der Werkstatt der Brüder nennen die Franzosen seitdem „Fauxbergés“, was sich vom französi­schen Wort faux = falsch herleitet. Welche merkwürdigen Blüten die Kunst manchmal treibt!