Mit besten Grüßen vom Garteneremiten

Wer einst auf der Suche nach einer „leichten Nebentätigkeit“ im Gar­ten war, hätte sich bis ins 19. Jahr­hun­dert für einen wahrlich wunder­li­­chen Beruf bewerben können – den des Schmuck- oder Ziereremiten! Doch wie kam es eigentlich zu dieser merk­würdigen Profession? Entstan­den ist die­ser skurrile Posten, als sich der eng­l­i­­sche Land­schafts­­garten immer mehr in Europa durchsetzte. Für Anla­gen in diesem Gar­tenstil, dessen Parks und Gärten sich als eine Art begehbares Land­schaftsgemälde verstan­den, wurden häufig Gartenszenerien gestaltet, in deren Mittel­punkt eine Art Einsiedelei stand. Denn in dieser Zeit führte man in den Salons Diskussionen über den Gegensatz zwischen der moder­nen Zivilisation und dem angeblich unverdorbenen ursprüng­li­chen Zustand der  Natur – der Eremit galt dabei als Verkörperung eines vermeint­lich „edlen Wilden“, der noch nicht durch die „Zwänge der Zivilisation“ verdorben worden war.

Wer etwas auf sich hielt und sich einen dieser Gärten im neuen Stil leisten konnte, der hatte in seinem grünen Paradies natürlich zum „Schmuck“ seines Gar­tens auch einen eigenen Gar­ten­eremiten, im Englischen „ornamental hermit“ oder „garden hermit“ genannt. Was dieser dann zu tun hatte, salopp gesagt seine „Job-Beschrei­bung“, lässt sich anhand über­lieferter Stellenanzeigen aus alten Zeitungen rekonstruieren. In der Annonce für die Stelle des Garteneremiten auf dem Anwesen Painshill Park, das neben Grotten, neugotischen und chinoisen Architekturen auch über ein Baumhaus mit Eremitage verfügte, stand zu lesen: Der Anwärter auf die Stelle hatte „sieben Jahre in der Eremitage zu bleiben, wo er mit einer Bibel, einer Brille, einer Fußmatte, einem Strohsack als Kissen, einem Stundenglas als Zeit­messer, Wasser als Getränk und Nahrung aus dem Haus versehen werden sollte. Er musste ein wollenes Gewand tragen und durfte sich unter gar keinen Umständen die Haare, den Bart und die Nägel schneiden, nicht jenseits der Grenzen von Mr. Hamiltons Besitz herum­streunen oder auch nur ein Wort mit dem Diener wechseln.“ Die Stelle war dem Gutsbe­sitzer, dem Landadeligen Charles Hamilton, immerhin einen Lohn von 700 Pfund wert.

Diese doch recht befremdlichen Lebensbedin­gungen waren natürlich nicht jedermanns Sache und die Aufgabe durfte ohnehin nur von Herren im fortgeschrittenen Alter übernommen wer­den. Dennoch gab es noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts immer wieder Bewerber für sol­che Tätigkeiten. Wo sich kein Bewerber für die Position finden ließ, wusste man sich aber dennoch zu helfen. Im Landschaftsgarten Hawkstone Park versah eine mechanische Puppe die Funktion des „ornamental hermit“. Diese „agierte“ in einer Einsiedelei, die man mit Stun­den­glas, einem Schädel und einer Brille auf einem Tisch aus­gestattet hatte, ein Dienst­bote des Parkbesitzers musste dabei zu den Mundbe­we­gungen der Puppe sprechen. Unse­re briti­schen Nach­barn ver­­­­bo­ten den Beruf des Schmuck­­eremiten übrigens erst 1915 mit einem Gesetz. Ein Gedicht von John Milton er­in­nert noch heute an einen dieser ungewöhnlichen „Park­bedien­steten“.