Kaiserportraits sind in der Regel eine ehrfurchtgebietende Angelegenheit. Meist blickt ein streng dreinschauender Potentat dem Betrachter entgegen – stets auf der Höhe der jeweils aktuellen Mode in ein kostbares Gewand gekleidet. An diese Darstellungsweise hielten sich alle Hofkünstler bis auf einen – Giuseppe Arcimboldo (1527–1593). Um die Mitte des 16. Jahrhunderts wirkte er am Wiener und Prager Hof und war dort für die Inszenierung von höfischen Festen und Maskeraden zuständig. Er war also gewissermaßen „Event-Manager“ und entwarf in dieser Funktion zahlreiche Kostüme und Festwagen, aber auch Teppiche und Glasfenster. Darüber hinaus war Arcimboldo, der einer angesehenen Mailänder Familie entstammte, Hofmaler des Kaiserhofs in Wien und Prag und damit auch für die Herrscherportraits zuständig. Für Maximilian II. schuf er unter anderem vier so genannte „Kompositköpfe“, bei denen der Maler das dargestellte Herrscherantlitz meisterhaft aus den Pflanzen und Früchten vier verschiedener Jahreszeiten „komponierte“ und zusammensetzte. Er verstand dies als Anspielung auf die Herrschaft des Kaisers, der so als Herrscher über alle vier Jahreszeiten verstanden werden konnte. Speziell die Darstellung des Sommers konnte zudem als Hinweis auf die Großzügigkeit und Freigebigkeit Maximilians verstanden werden.

Im Kunsthistorischen Museum in Wien ist der in Öl auf Lindenholz gemalte „Sommer“ zu sehen. Raffiniert hat der Künstler das Entstehungsdatum des Bildes und seinen Namen in dem Gewand aus goldgelbem Getreidestroh versteckt. Stolz ragt eine Artischocke wie ein prächtiges Amulett aus dem Ährenwams. Wir sehen den Kaiser als Brustbild im Profil und keck ragt das kaiserliche Ohr als Maiskolben aus dem fein komponierten Brustbild hervor. Der Mais war damals hierzulande noch eine Rarität und erst kurz zuvor aus Übersee eingeführt worden! Den „Hut“ des Kaisers bildet eine Komposition aus Obst und Gemüse in einem Bett aus Laub und einer Krempe aus Getreidehalmen. Im Hut lassen sich Weinblätter, eine Aubergine, eine kleine Melone, rote Weintrauben, Pflaumen, Himbeeren und Brombeeren entdecken, als Hutfeder wählte der Künstler eine Getreideähre. Hervorragend versteht es Arcimboldo, Obst und Gemüse so gestalterisch zu einzusetzen, dass es zur Physiognomie des Kopfes passt.

So bildet ein Pfirsich die Wange des Kaisers, das Auge ist eine Kirsche, zwei winzige Birnchen fungieren als Augenlider, das Kinn ist ebenfalls eine Birne. Aus braunen Zwiebeln wölbt sich die kaiserliche Stirn, das Rund der Augenbraue formt eine gebogene Getreideähre. Auch eine Quitte, Knoblauch, Haselnüsse, eine weiße Zwiebel, eine gelbe Rübe und eine weiße Aubergine haben ihren Weg ins kaiserliche Antlitz gefunden. Im Gesicht des Kaisers sind die Farben des Sommers zu sehen, viele helle Farbtöne, Grün und Gelb in unterschiedlichen Schattierungen. Den lächelnden Mund mit Zähnen hat der Hofmaler mit einer geöffneten Erbsenschote gestaltet. Ob sich Maximilian wohl daran gestört hat, dass seine Nase von einer Gurke „dargestellt“ wird? Offensichtlich nicht – man weiß, dass dem Kaiser das ungewöhnliche Gemälde seines Hofmalers gut gefallen hat: Er belohnte Arcimboldo dafür mit dem Titel des Pfalzgrafen. Denn ihn als Jahreszeit darzustellen (es gibt noch einen Frühling, einen Herbst und einen Winter), war ein symbolischer Hinweis darauf, dass die Herrschaft des Monarchen über sein Reich so naturgegeben und segensbringend ist wie die Herrschaft der Jahreszeiten über das Land.