Labyrinthe und Irrgärten zählen seit Jahrtausenden zu den wichtigen Gestaltungselementen der Kunst- und Kulturgeschichte. Und was wären die Gärten der Renaissance und des Barocks ohne ihre in Pflanzenmaterial gegossene Einladung, sich zu verirren? In ihrem Buch „Labyrinthe“ nehmen Angus Hyland und Kendra Wilson den Leser mit auf eine illustrierte „Reise zu den berühmtesten Irrgärten der Welt“. Staunend blicken wir im portugiesischen Conimbriga auf die Fußbodenmosaike eines römischen Künstlers, der denjenigen, der das Labyrinth betritt, in die Fänge eines aus kleinsten farbigen Steinchen geschaffenen Minotaurus lockt. An Labyrinthe erinnern die Nazca-Linien in der peruanischen Wüste, die sich erst aus großer Höhe betrachtet als riesige Vögel und allerhand Fabelwesen entpuppen. Den Fußboden der Kathedrale Notre Dame in Amiens schmückt ein schwarz-weißes Labyrinth, dessen Name „Maison de Dedalus“ an Dädalus erinnert, den Schöpfer eines der berühmtesten Labyrinthe der antiken Mythologie, in dem der bereits erwähnte Minotaurus – ein Wesen halb Mensch, halb Stier – Jahr für Jahr je zwölf Jünglinge und Jungfrauen verschlang, die man ihm opfern musste. Und dann sind da natürlich noch die wunderbaren Gartenlabyrinthe und -irrgärten! Etwa der kreisrunde Eiben-Irrgarten aus dem 18. Jahrhundert im Loire-Schloss Chenonceau, wo Diane de Poitiers und später Caterina de Medici ihre politischen und gartenkünstlerischen Spuren hinterlassen haben. Oder der trapezförmige Irrgarten von Hampton Court Palace bei London, dessen ungewöhnliche Form Gartenkünstler zu zahllosen weiteren Irrgärten dieser Art in aller Welt inspiriert hat. Gerade einmal 50 Jahre alt ist die modern-abstrakte Interpretation eines Irrgartens im Brüsseler Museum van Buuren, den der Landschaftsarchitekt René Pechère für seine Auftraggeber auf extrem schwierigem, verschatteten Gelände anlegte und mit exquisiten Skulpturen belebte – das Hohelied Salomons und ein Pieter Bruegel d. Ä. zugeschriebenes Gemälde dienten dem Gartenkünstler dabei als Inspirationsquelle.
Die schwarz-weiß gehaltenen begleitenden Illustrationen der Irrgärten und Labyrinthe aus der Feder von Thibaud Hérem machen das Buch auch zu einem optischen Augenschmaus, der Liebhabern von Irrgärten und Labyrinthen ans Herz zu legen ist.
Hyland, Angus, Wilson, Kendra: Labyrinthe. Eine Reise zu den berühmtesten Irrgärten der Welt. Laurence King Verlag, Berlin 2018.