Wer einen Obstbaum pflanzt, pflanzt gleichzeitig auch Vertrauen in die Zukunft. In dem Buch „Die Obstbaumzucht“ des Pfarrers und Volksschriftstellers Franz Xaver Geiger aus dem Jahre 1804 geht es natürlich in erster Linie um das, was der Titel bereits andeutet. Allerdings findet sich in dem Lehrbuch auch eine schöne Geschichte zur Sinnhaftigkeit des Gärtnerns und natürlich des Pflanzens von Obstbäumen. Und diese Geschichte geht so[1]:
„Ein persischer Kalif (einer der mächtigsten Potentaten in Asien) traf einstmals, als er auf der Jagd war, einen alten Mann an, der einen Apfelbaum pflanzte. Der Kalif und alle, die mit ihm waren, lachten über den Alten, daß er einen so närrischen Einfall hatte, in seinem hohen Alter einen Obstbaum zu pflanzen, gerade als wenn er noch ein Jüngling wäre, und die Früchte von diesem Baum genießen würde. Darum gieng der Kalif auf den Mann zu und fragte ihn, wie alt er sey? – Herr, antwortete der Greis, ich bin über achtzig Jahre, aber Gottlob, und so gesund und munter wie einer von dreyßigen. – Aber, fragte der Kalif weiter, wie lange gedenkest du noch zu leben, daß du in einem so hohen Alter noch junge Bäume pflanzest? Du wirst ja wohl die Früchte davon nicht mehr genießen wollen; warum machst du dir eine so vergebliche Müh und Arbeit? – Herr, gab der Greis zur Antwort, ich bin schon zufrieden, wenn ich die Bäume gepflanzt habe, und bekümmere mich weiter nicht mehr darum, ob ich oder ein anderer die Früchte davon genießen werden. Es ist billig, daß wir thun, wie unsere Väter gethan haben; diese pflanzten Bäume, und wir essen die Früchte; da wir nun die Arbeit unserer Väter genießen, warum sollten unsere Nachkommen nicht auch etwas von uns genießen? Ich denke, was der Vater nicht genießt, das erntet der Sohn. Überdies finde ich eine wahre Herzensfreude und einen recht süßen Trost in mir, wenn ich mir bewußt bin, daß ich auch im Alter noch etwas Gutes für die Nachwelt gethan habe. – Diese schöne Antwort und die edle Gesinnung des Alten gefiel dem Kalifen so wohl, daß er ihm eine ganze Hand voll Goldstücke schenkte. Der Greis nahm das Geschenk mit vielem Danke an, und sprach, indem er auf die empfangenen Goldstücke hinwies, lächelnd zum Kalifen: „Wer kann nun sagen, daß meine heutige Mühe vergeblich sey, da der junge Baum, den ich pflanze, schon am ersten Tage goldene Früchte bringt? Darum ist es wahr; wer was Gutes thut, wird allzeit auf irgend eine Art dafür belohnt“.
Viele kennen den schönen Satz vom Apfelbaum: „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“. Auch wenn er wahrscheinlich nicht von Reformator Martin Luther selbst stammt, ist er dennoch ein schönes Schlusswort und wir wollen ihn uns daher nicht verleiden lassen!
„Einkehr“, von Ludwig Uhland (1787-1847)
- Bei einem Wirte wundermild
Da war ich jüngst zu Gaste.
Ein goldner Apfel war sein Schild
An einem langen Aste.
- Es war der gute Apfelbaum
Bei dem ich eingekehret
Mit süßer Kost und frischem Schaum
Hat er mich wohl genähret.3. Es kamen in sein grünes Haus
Viel leichtbeschwingte Gäste
Sie sprangen frei und hielten Schmaus
Und sangen auf das Beste.
- Ich fand ein Bett in süßer Ruh
Auf weichen, grünen Matten
Der Wirt er deckte selbst mich zu
Mit seinem kühlen Schatten.5. Nun fragt ich nach der Schuldigkeit.
Da schüttelt er den Wipfel
Gesegnet sei er allezeit
von der Wurzel bis zum Gipfel.
[1] Der Rechtschreibung der nachfolgenden Geschichte folgt dem Originaltext von 1804.